Tag 3 – Parks, Tempel und Menschen

Am dritten Tag war das Wetter endlich super, und so beschloss ich, statt toten Dingen im Museum mal etwas lebendiges zu sehen: Parks und Menschen standen auf dem Programm. Natürlich zusammen mit den obligatorischen Tempelanlagen 😉

Das erste Ziel sollte der Shinjuku Gyoen werden – ein großer Park mitten in Shinjuku. Auch wenn die Kirschblüte noch nicht so weit war, war es doch eine gute Gelegenheit, in Ruhe die Sonne aufzusaugen und gleichzeitig die beeindruckende japanische Parkgestaltung auf sich wirken zu lassen. Nach dem Frühstück ging es also flugs zur Metro. Am diesem Tag würde ich so einiges an U-Bahn-Strecke zurücklegen, und ich war ganz froh, dass es mit der SUICA doch recht unkompliziert ging. Eine richtig schlaue Route für all die Ziele hatte ich mir zwar nicht überlegt, und so fuhr ich im Laufe des Tages ein paar Mal unnötig hin und her. Aber das war nicht so dramatisch.

Shinjuku Gyoen

Am Park angekommen, erwartete mich eine Oase der Ruhe innerhalb des geschäftigen Treibens in einer der wichtigsten Städte der Metropolregion. Aber seht selbst:

Meiji Jingū

Weiter ging es dann zu einer der zumindest für Japaner bekanntesten Schreine, dem Meiji Jingū, der dem Meiji-Kaiser gewidmet ist. Dort wurde ich unter anderem Zeuge einer traditionellen Shintō-Hochzeitsprozession:

Shibuya – nach Parks jetzt Menschen

Jetzt war es dann aber auch genug mit den Parks, und ich wollte auch ein paar Menschen treffen. Sehr viele sogar, denn mein nächstes Ziel war Shibuya mit der berühmten Alles-Gehen-Kreuzung:

Ginza und Kabuki

Mitsukoshi Ginza
Mitsukoshi Ginza – eines der ältesten Kaufhäuser in Ginza, mit einer wunderschönen Fassade!

Ich hatte, während ich im Park in der Sonne saß, noch ein bisschen recherchiert, denn ich wollte wenigstens eine traditionelle Kulturveranstaltung mitnehmen. Für eine Teezeremonie hätte ich schon Monate im voraus buchen müssen, und ein Stück im Nō-Theater erschien mir dann doch etwas ermüdend. Ich hatte im Nationalmuseum schon ein bisschen über die Unterschiede zwischen den diversen Theaterformen geforscht. Kabuki sprach mich eher an. Allerdings fand ich zwischen 3-4 Stunden Sprechgesangs-Theater in einem antiken japanischen Dialekt dann auch ganz schön krass. Selbst eine Puccini-Oper stehe ich nur unter Mühen durch, und da verstehe ich immerhin noch ein bisschen was.

Aber das größte Kabuki-Theater Japans, das Kabukiza in Ginza, bietet auch Veranstaltungen für faule Gaijins wie mich an. Zum Beispiel nur Schlussakte aus den Dramen, die dann zum einen billiger und zum anderen auch wesentlich kürzer waren. Man sitzt dann zwar auf einem mäßig guten Platz, aber das nahm ich in Kauf und hatte ein Ticket für ein traditionelles Fantasy-„Verfluchtes-Schwert-tötet-alle“-Märchen gebucht.

Von Shibuya ging es demnach nach Ginza. Shopping hatte ich dort nicht groß eingeplant, ich wusste auch nicht so richtig was ich hätte kaufen sollen. Kleidung war mir zu klein, Juwelen zu teuer, und Kosmetika hatte ich eh schon mehr als genug zuhause. So schlenderte ich ein bisschen ziellos herum und vertrieb mir die Zeit, bis es dann soweit mit der Aufführung war.

Puh… Kultur…

Am Einlass traf ich noch einige andere Deutsche, die sich auch nicht so ganz sicher waren was sie wohl erwarten würde. Dann ging es aber auch schon hinein. Leider durfte man weder Fotos noch Videos machen. Aber es gibt ja genug Material im Internet, falls sich jemand visuell ein Bild machen möchte.

Kabukiza
Kabukiza

Es war… verwirrend. Ich habe in den gut 90 Minuten sicherlich nicht mehr als 5 Sätze verstanden. Die Musik beziehungsweise der Sprechgesang waren dann auch ein bisschen ermüdend. Ich lachte wenn alle lachten und klatschte wenn alle klatschten. Die grundlegende Handlung hatte ich sogar verstanden. Zwar erschien diese mir auch nach mehrmaligem Durchlesen reichlich verworren, aber das ist ja bei den meisten westlichen Opern auch nicht anders. Es war auf jeden Fall sehr dramatisch – es wurde gelitten, gesoffen, gehurt und getötet. Letzteres reichlich, denn wie in jeder guten Oper waren am Ende alle tot. Die ganzen subtilen Details entgingen mir aber komplett.

Neben mir, ein paar Sitze entfernt, saß ein Pärchen – älterer, sehr gepflegter Herr, der sehr begeistert war. Plus junges Mädchen in kurzem Röckchen, die sich alle Mühe gab, nicht zu auffällig auf ihr verstecktes Sumaho zu linsen. Ich hatte ein bisschen Mitleid mit ihr.

Das klingt jetzt vielleicht etwas ernüchternd – es war aber wirklich interessant. Man darf nur nicht denken, dass man selbst mit besseren Japanisch-Kenntnissen, als ich sie habe, wirklich viel mitbekommt. Die Sprache ist archaisch, und anscheinend verstehen selbst viele Japaner nicht genau was gesagt wird. Allerdings kennen die natürlich die ganzen kleinen Formeln im Theaterstück.

Abendessen

Zurück in Shibuya

Ich war aber trotzdem am Ende der 90 Minuten völlig erschlagen und froh dass ich mich für die „Kurz-Variante“ entschieden hatte. Hungrig war ich auch, und ich ärgerte mich dass ich nichts reserviert hatte. Denn das war mir schon am Tag zuvor aufgefallen – ohne Reservierung wird es schwierig, und viele Restaurants schließen auch schon um 22 Uhr.

Ich hatte in Shibuya schon ein bisschen gescoutet, aber nichts wirklich passendes gefunden. Trotzdem schien es dort eher zu meinem Geldbeutel zu passen, und so fuhr ich nach Shibuya zurück. Tatsächlich war es aber nicht so einfach was zu finden. Die Izakayas waren rappelvoll, und irgendwie hatte ich nicht so große Lust den dritten Tag in Folge Ramen zu essen. Auch in Anbetracht meines jetzt wirklich großen Hungers überlegte ich kurz, ob ich nicht einfach doch zum McDonald gehen sollte.

Pferdefleisch im Mihachi

Abendessen im Mihachi Shibuya Eki-Mae

Im Endeffekt landete ich aber im Mihachi direkt am Bahnhof. Ich hatte kein Problem damit, dass das Restaurantetwas im Keller versteckt war – es sah gemütlich aus, eine lustige Mischung aus Eichenbalkenromantik und modernem Interieur. Aber am wichtigsten war mir sowieso das Essen. Es war dort sehr fleischlastig, was ja eigentlich bei mir nicht geht. Aber diesmal war ich neugierig. Die diversen Kobe-Rind-Platten waren mir dann doch zu teuer, Aber sie hatten auch Basashi, nicht nur das, sondern eine komplette Platte mit diversen Arten Pferdefleisch. Traditionell eben als Basashi gebraten, als Sashimi, als Würstchen, und so fort. Ich hatte schon in Takahasi ein bisschen Pferd gegessen und beschlossen, auf diesem Urlaub keine Berührungsängste zu haben.

Es war dann auch wahnsinnig lecker, reichlich und nicht sehr teuer. Dazu bestellte ich noch einen Shōchū, ganz traditionell mit grünem Tee verdünnt – man kann ja nicht immer Sake trinken. Gut gesättigt und zufrieden machte ich mich auf den Heimweg. Es war ein langer, aber auch sehr spannender Tag gewesen.

Abendessen im Mihachi Shibuya Eki-Mae
Abendessen im Mihachi Shibuya Eki-Mae. Eine große Auswahl an Basashi – Pferdefleisch! Da muss man sich erst einmal dran gewöhnen, es war aber mega lecker!